Aus Bruochem wird Brockum
Über 1.050 Jahre alt ist inzwischen der erste urkundliche Nachweis auf Brockum. Nach dieser Urkunde, die im Staatsarchiv Münster aufbewahrt wird, hat der Mindener Bischof Milo (969/996) dem ehrwürdigen Ritter Worad als Dank für eine Schenkung den Zehnten aus sechs Dörfern, darunter Brockum (Bruochem), überlassen. Die Gemeinde Brockum ist die flächenmäßig größte der sieben Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde „Altes Amt Lemförde“ und hat etwa 1.100 Einwohner. Das Gemeindegebiet erstreckt sich von den Waldungen des südlich gelegenen Stemweder Berges über das Nadelwaldgebiet der Osterheide bis hin in die Weite des umliegenden Bruchgebietes.
In der langen Geschichte wurde Brockum mehrfach von Schicksalsschlägen getroffen. Der folgenschwerste war die Brandkatastrophe am 16. September 1822. An einem drückend heißen Spätsommertag nach langen Wochen ohne Regen geschah das Unbegreifliche. Im Nu stand das Dorf in Flammen. Das Feuer fand überall in den Erntevorräten reichlich Nahrung und sprang über von Strohdach zu Hecke und weiter zum nächsten Strohdach. Nach drei Stunden war das Werk des Schreckens vollendet; 175 Häuser, dazu Kirche und Schule lagen in Schutt und Asche- Erhalten blieben nur das neue, mit Ziegeln bedeckte Pfarrhaus, die beiden Windmühlen und vier Bauernhäuser. Brockum, ehemals eine Bauernschaft, ist heute nicht mehr alleine eine Agrargemeinde. Sie hat sich zu einer Wohngemeinde entwickelt, die für Menschen der verschiedensten Berufe und Arbeitsstätten innerhalb und außerhalb des Ortes zur Heimat geworden ist.
Die Gemeinde ist bemüht, ihr Gesicht zu wahren, d. h. den dörflichen Charakter zu erhalten, ohne dabei auf die Erfordernisse moderner Wohn- und Wirtschaftsverhältnisse zu verzichten. Ein reges Vereinsleben ist ein Indiz dafür, dass die Brockumer Dorfgemeinschaft als vorbildlich bezeichnet werden kann.
Die Gemeinde Brockum liegt in unmittelbarer Nähe des Dümmer-Sees und somit im gleichnamigen Naturpark. Der See ist ein beliebtes Segel- und Surfrevier und stellt das Zentrum des Naherholungsgebietes dar.
Der Großmarkt
Eines der bekanntesten Volksfeste in Nordwestdeutschland ist der Brockumer Großmarkt. Lange war ein Bericht der Gräfin Margaretha von Diepholz von 1570 der älteste Nachweis der Kirmes in Brockum. Darauf geht auch die Inschrift auf dem Marktstein zurück.
Später fand man Unterlagen über den Gerichtstag in Oldendorf von 1559, die im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf aufbewahrt werden. In den Akten wird ein Ereignis festgehalten, das am 31. Oktober 1558 stattfand. So lässt sich der Brockumer Markt erstmals für das Jahr 1558 nachweisen, und zwar wegen eines Ereignisses, für das es eine Mindener und eine Diepholzer Version gibt: „Die Mindener Darstellung besagt, dass am ‚XXXI Octobris‘ in Brockum, einem Dorf des Bischofs zu Minden ein Freimarkt oder eine Kirmes gehalten wurde. Der Mindener Amtmann zu Rahden hätte an diesem Tage den Vogt Gercke Hartenfeld und den Untervogt Hermann Bottecker nach Brockum in das Haus des Heinrich Deleken geschickt, der wohl die Michaelis-Steuer nicht dem Bischof zu Minden entrichtet hatte. Vor diesem Haus begegneten Vogt und Untervogt dem (Burgmann) Hartwig von der Horst aus Lemförde mit Begleitern. Der Burgmann griff mit seinem Spieß die beiden Vögte an, die jedoch die Oberhand gewannen und den Burgmann gefangen nahmen. Dieser säße jetzt im Gefängnis der Mindener, da er auf einem freien Markte derartige Gewalt geübt hatte.
Graf Rudolfs (von Diepholz) Darstellung auf dem Gerichtstag zu Oldendorf war kürzer. Er sagte, der besagte Vogt habe dem Burgmann auf freier Kirmes zu Brockum ohne jeden Anlass durch den Schenkel geschossen, und der Untervogt habe ihm einen Speer in den Hals gestoßen. Der Burgmann sei wie tot liegen geblieben und hätte in Lebensgefahr geschwebt“.
Aus dem Bericht ergibt sich auch, dass der Markt schon vor 1558 stattfand. Es gibt nur keinen noch älteren Nachweis.
In dem ersten gedruckten Bericht aus dem Jahre 1789 heißt es u.a.: Hier wird jährlich eine berühmte Kirmes, der beste Markt in der Grafschaft, abgehalten. …Nach diesem Markte richten sich die mehrsten Produkte im Preise. Daher verkaufen die Landleute ihre Produkte vor diesem Markte mit dem ausdrücklichen Vorbehalt: „Was es auf dem Brockumer Markt gelten wird.“ Daraus wird die besondere Bedeutung des Brockumer Großmarktes für den Landhandel deutlich.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Marktgeschehen wie folgt geschildert: Ist dann der Montag gekommen, so sind alle Straßen des Amtes Lemförde von Fußgängern, Radfahrern und Kutschwagen belebt; jeder ankommende Personenzug schüttet auf dem Lemförder Bahnhof Scharen von Menschen aus. Am Montagabend ist schon auf den Dorfstraßen von Brockum ein lebhafter Pferdehandel im Gange. Ist der Markttag endlich da, so werden schon bei Tagesgrauen die Nachbardörfer durch Pferdegewieher, Hufgetrappel und Wagenrassel aus dem Schlafe geweckt. Ganze Pferdekarawanen ziehen vorüber.
Manches hat sich seitdem verändert. Wer früher mit der Bahn nach Lemförde kam und dann den Fußmarsch nach Brockum in Kauf nahm. fährt heute mit dem Pkw oder nutzt den angebotenen Buspendelverkehr. Auch der Charakter des Marktes hat sich gewandelt, die Termingebung allerdings nicht.
Der Tag des Viehmarktes ist auch heute noch ausschlaggebend und der findet immer am Dienstag nach dem 28. Oktober (Simon und Judä), also frühestens am 29. Oktober und spätestens am 4. November statt. Die Marktzeit wurde 1930 auf den Montag, 1954 auf den Sonntag (wegen der neuen Gewerbeausstellung mit Landmaschinenschau) und 1967 auf den Sonnabend ausgedehnt.
Seit 2025 erinnert ein Denkmal auf dem Dorfplatz an den Ursprung des Marktes als bedeutenden Pferdehandelsplatz. Das Steinfurter Künstlerehepaar Leo und Renate Janischowsky gestaltete eine Szene aus Bronze: Händler und Bauer besiegeln den Kauf eines Pferdes durch dreimaligen Handschlag. Das Projekt des Heimatverein Brockum wurde durch Spenden finanziert und vom Landschaftsverband Weser-Hunte e.V. gefördert. In der Blütezeit in den 1950er-Jahren wurden bis 2.000 Pferde gehandelt.
Einige Pferde und Rinder sind heute an allen Tagen in der Tierschau zu sehen. Gehandelt werden dienstags überwiegend Geflügel und andere Kleintiere.
Der Brockumer Großmarkt stellt sich als gelungene Kombination aus Vergnügungsmarkt und Wirtschaftsschau dar. Geblieben ist trotz der allgemeinen Entwicklung die Bedeutung für die Landwirtschaft, wie man auch an dem großen Anteil an Landmaschinen und landwirtschaftlichen Geräten sehen kann. In den Gewerbeschauzelten zeigen die Aussteller einen Querschnitt ihres Angebotes: Elektrogeräte für den Haushalt fehlen ebenso wenig wie Pötte und Pannen, Wohn- und Küchenmöbel, Kachel- und andere Öfen, Überdachungen, Baustoffe und Fliesen. Viele Firmen sind mit Informations- und Beratungsständen vertreten.